Von 0 auf 100 mit Blitzgeschwindigkeit.

Neuer Weltrekord! Und das mit einem Elektro-Flitzer. Der «grimsel» beschleunigt in 1.513 Sekunden von 0 auf 100 km/h – und dies innerhalb von weniger als 30 Metern. Mit dem vom Akademischen Motorsportverein Zürich und Studierenden der ETH Zürich sowie der Hochschule Luzern gebauten Elektro-Rennwagen können selbst die schnellsten Serienfahrzeuge mit Verbrennungsmotor nicht mithalten. Was viele nicht wissen, das erste Elektroauto ist aber älter als man denkt.

Es war ein regnerischer Tag am 29. Januar 1886 – ein Tag, der unsere Welt komplett verändern sollte. Carl Benz tritt nervös von einem Fuss auf den anderen, bevor er entschlossen die Türklinke am Haupteingang des Kaiserlichen Patentamts in Berlin herunterdrückt. «37435 – Herr Benz, das ist Ihre Patentnummer. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!» Fünf Ziffern mit einer grossen Wirkung. Das Jahr 1886 gilt heute als Geburtsstunde des Automobils mit Verbrennungsmotor. Seit über 125 Jahren ist viel passiert, sodass wir heute schon in selbstfahrende Autos einsteigen können. In Zeiten des Klimawandels ist vor allem der ökologische Antrieb ein starker Fokus der Forschung, der bereits heute auf den Strassen deutlich zu erkennen ist. Immer mehr Elektroautos und Ladestationen prägen das Stadtbild, wenngleich eine flächendeckende E-Mobilität noch in den Anfängen ist. Erstaunlicherweise wurde aber das erste Elektrofahrzeug bereits im Jahr 1839 von Robert Anderson in Aberdeen gebaut. Im 20. Jahrhundert setzten die grossen Autohersteller aber auf leistungsstärkere Verbrennungsmotoren. Erst in den 1990er-Jahren, bedingt durch die Ölkrise während des Golfkrieges, erlebten Elektromotoren eine Renaissance – und im Jahr 2016 einen unglaublichen Höhepunkt: In einem Gemeinschaftsprojekt des Akademischen Motorsportvereins Zürich (AMZ) mit der ETH Zürich und der Hochschule Luzern gelang ein Beschleunigungs-Weltrekord, der eindrücklich zeigt, was Elektromotoren heutzutage alles leisten können.

Formel-1-Power aus der Steckdose
So bedächtig der Name, so explosiv seine Leistung. Das Weltrekord-Fahrzeug «grimsel» ist ein «Formula Student»-Elektroauto, das vom Akademischen Motorsportverein Zürich im Jahr 2014 entwickelt wurde. Es verfügt über vier selbst konstruierte Radnaben-Elektromotoren, die dem Fahrzeug 200 PS Leistung und über 1’700 Newtonmeter Drehmoment verleihen. Bedenkt man, dass der Bolide mit 168 kg dank konsequenter Leichtbauweise und dem Einsatz von Kohlefaser-Werkstoffen ein absolutes Leichtgewicht ist, kann man sich die Wirkung schon bildlich vorstellen. Der Weltrekordversuch jedoch war so überzeugend und erforderte keine weitere Vorstellungskraft mehr. Gebannt, aber zuversichtlich wartete das Weltrekord-Team am 22. Juni 2016 auf dem Militärflugplatz Dübendorf auf die Startflagge, die den Weg für ein Stück Weltgeschichte freigeben sollte. Das Elektroauto katapultierte aus den Startlöchern und erreichte nur einen Wimpernschlag später die gewünschte Geschwindigkeit von 100 km/h. Ein Hoch auch auf die Fahrerin, die während der Beschleunigung extremen Fliehkräften von 1.87 G ausgesetzt war, das Rekordauto aber souverän über die Distanz brachte.

Auch in der Technik Weltklasse«grimsel» besticht aber nicht nur durch seine hervorragenden Beschleunigungswerte, sondern auch durch den intelligenten Einsatz des elektrischen Allradkonzepts. So verfügt das Fahrzeug über eine Einzelrad- Traktionskontrolle, die mehrmals pro Sekunde die Leistungsabgabe an jedes Rad individuell an die gegebene Fahrsituation und Bodenbeschaffenheit anpasst. Zudem wird beim Bremsvorgang die Bremsenergie über die Elektromotoren zurück in die Batterien gespeist, womit bis zu 30 Prozent der verbrauchten Energie regeneriert werden kann.

Akademischer Motorsportverein Zürich 
Der Akademische Motorsportverein Zürich besteht im Kern aus 20 bis 30 Studentinnen und Studenten des Maschinenbaus und der Elektrotechnik der ETH Zürich und der Hochschule Luzern. Fachliche Beratung erhält das Team von Professoren und Assistenten verschiedener Schweizer Hochschulen sowie Persönlichkeiten aus Automobilindustrie und Rennsport. Der Verein ist finanziell unabhängig und wird von zahlreichen Finanz-, Fertigungs- und Sachsponsoren unterstützt. Die Studierenden belegen derzeit den ersten Platz der Weltrangliste der Formula Student Electric.

Motor des Weltrekords

Interview mit Fabio Widmer, Präsident Akademischer Motorsportverein Zürich

Was sind die grössten Herausforderungen für Elektromobilität?
Die grösste Herausforderung ist die Energiespeicherung. Das Problem der Reichweite scheint mit derzeit weit über 400 km nach und nach gelöst zu werden. Das Problem der Ladegeschwindigkeit hingegen wird noch mehr Zeit benötigen. Um die Ladezeit auf weniger als fünf Minuten zu reduzieren, ist momentan ausser dem Austausch des Akkus keine Lösung in Sicht. Die zweite Herausforderung steckt in der Energiebereitstellung. Analysen zeigen, dass Elektroautos mit einem «grünen» Elektro-Mix einen kleineren ökologischen Einfluss haben als herkömmliche Fahrzeuge. Im Gegensatz dazu schneiden aber Elektroautos mit Strom aus Kohlekraftwerken deutlich schlechter ab. Die Elektromobilität und die Produktion elektrischer Energie hängen direkt zusammen. Wird die Elektromobilität schnell und massiv ausgebaut, wird das Problem der nachhaltigen Energieerzeugung mit steigendem Bedarf extrem verschärft.

Was war die Intention für diesen Weltrekordversuch?Mit dem Weltrekordversuch wollten wir die Bekanntheit der Formula Student und des AMZ in der Schweiz steigern. Eine grosse mediale Präsenz ist für unser Team in zweierlei Hinsicht wichtig: Einerseits können wir so unsere Attraktivität für bestehende und neue Sponsoren steigern. Andererseits steigt auch der persönliche Nutzen für unsere Mitglieder. Je bekannter und angesehener das Projekt, desto grösser sind die Vorteile für die eigene Karriere. Zudem macht es einfach unglaublich viel Spass – vor allem, wenn man sich danach «Weltrekordhalter» nennen darf.

Was war in diesem gesamten Projekt die schwierigste Aufgabe?

Für den Bau des Fahrzeugs war die Zeit äusserst knapp bemessen. Innerhalb von nur neun Monaten mussten wir ein Team zusammenstellen, uns in die jeweiligen Arbeitspakete einlesen, ein neues Fahrzeug konzipieren und dieses schlussendlich auch bauen. Die grösste Herausforderung zeigte sich im optimalen Kompromiss zwischen Leichtbau und Zuverlässigkeit.

Worauf sind Sie besonders stolz?
Die grösste Leistung des Teams war der Sieg am «Formula Student Germany Wettbewerb» in Hockenheim 2014. Von allen Formula Student Wettbewerben ist dieser mit den hochkarätigsten Teilnehmern besetzt. Aber auch neben der Rennstrecke kann der Verein auf erfolgreiche Jahre zurückblicken. Neben dem Weltrekord konnte der AMZ an namhaften Ausstellungen wie dem Genfer Autosalon teilnehmen und war am Volksfest zur Eröffnung des neuen Gotthard-Basistunnels mit einem grossen Stand vertreten.

Was kommt als nächstes?
Das Team ist zurzeit dabei, die ersten Konzeptideen für das nächste Fahrzeug auszuarbeiten. Zudem gab es diesen Sommer zum ersten Mal in der Formula Student eine «Driverless-Kategorie» – umgebaute Formula Student Fahrzeuge treten dabei fahrerlos in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an. Diese Herausforderung fanden wir sehr spannend, hatten daher direkt ein Team aufgestellt und konnten bereits in der ersten Saison mit dem ersten Platz überzeugen. Wir hoffen natürlich, dass uns dies wieder gelingt.
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